Neue Verteilungsregeln Kunst in der Abstimmung

Die Mitgliederversammlung der VG Bild-Kunst ist am 29. Juli dazu aufgerufen, neue Verteilregeln für die Privatkopiegelder in der Werkkategorie Kunst in Kraft zu setzen. Der Antrag war von der Versammlung der Berufsgruppe I am 5. Mai 2017 beschlossen worden. In der Zwischenzeit haben die geplanten Neuregelungen eine Reihe von Fragen aufgeworfen und Kritik hervorgerufen. Deshalb sollen sie in diesem Artikel noch einmal ausführlich erläutert werden.

Schon im Dezember 2016 wurde eine grundlegende Reform des Verteilungsplanes beschlossen, die durch mehrere Vorgaben des Verwertungsgesellschaftsgesetzes nötig war.  Die wesentlichen Änderungen liegen in der Struktur: wo zuvor einzelne Regelungen für alle betroffenen Berufsgruppen (BG I; Bildende Kunst, BG II: Fotografie, Illustration, Design und BG III: Filmurheber) nach den gesetzlichen Vergütungsansprüchen geordnet waren, gibt es jetzt einzelne Verteilregeln für jede einzelnen Inkassoquelle und für jede einzelnen Berufsgruppe. Der Verteilungsplan ist zwar komplexer geworden, aber - wenn man einmal das System verstanden hat - auch einfacher und transparenter.

Neben der Strukturreform waren inhaltliche Änderungen notwendig geworden. Über eine Neuregelung der Verteilung für das private Kopieren von Abbildungen von Kunstwerken soll die Mitgliederversammlung der Bild-Kunst am 29. Juli 2017 entscheiden.

Anlass für die Neuregelung waren große Probleme mit dem entsprechenden alten Verteilungsplan "Reprografievergütung Digital". Danach wurden die Gelder verteilt auf der Grundlage von Meldungen der Mitglieder über Abbildungen ihrer Kunstwerke auf Webseiten, was die folgenden Probleme hervorrief: Zum einen gab es immer wieder Beschwerden der Künstler*innen über den Aufwand, den es bedeutet, alle Abbildung aus dem Internet herauszuklauben und dann einzeln zu melden - viele Künstler*innen haben deswegen ganz auf eine Meldung verzichtet.  Aber die unkontrollierbare Meldung von Werken auf Webseiten war auch eine Einladung zum Betrug, die leider tatsächlich genutzt wurde. Dadurch haben diejenigen Mitglieder, die ehrlich gemeldet haben, weniger Geld erhalten, als ihnen zugestanden hätte, und der Bild-Kunst einen erheblichen Prüfungsaufwand aufgebürdet. Der Hauptkritikpunkt an dem alten Regelwerk bestand aber in seiner faktischen Diskriminierung gegenüber den Mitgliedern der Schwestergesellschaften der Bild-Kunst aus dem Ausland. Diese konnten zwar theoretisch auch melden, haben das aber meistens mangels Kenntnis nicht gemacht.

Aus diesen Gründen wurde im letzten Jahr intensiv nach einem neuen, diskriminierungsfreien System gesucht, bei dem auf die Meldung von Webseiten verzichtet werden kann. Es wird also nicht die Vergütung für digitale Privatkopie abgeschafft, es wird nur anders und einfacher verteilt. Auch die Aussetzung der Vergütung für das Kopieren digitaler Vorlagen für das Jahr 2016 bedeutet nicht, dass diese Gelder nicht ausgeschüttet werden - sie werden nach dem neuen System im Jahr 2018 ausgeschüttet.

Das neue System ordnet einen Teil der Gelder bestehenden Ausschüttungen zu und zwar auf der Grundlage von Studien über das Kopierverhalten. Beispielsweise lizensieren Bild-Kunst und andere Kunstgesellschaften die Onlinenutzungen von Kunstwerken durch Unternehmen der freien Wirtschaft, durch Behörden, Verbände etc. Das Geld, was nach den Studien auf das Kopieren von diesen Webseiten entfällt, soll den entsprechenden Lizenzerträgen als Zuschlag zugeordnet werden. Dieses Zuschlagssystem ist international anerkannt, diskriminierungsfrei und bedeutet für die Mitglieder null Aufwand.

Ein größerer Teil der Privatkopievergütung Kunst soll in Zukunft auf der Grundlage der Ausstellungen der Mitglieder verteilt werden: weil viele Abbildungen, z.B. in Katalogen und in der Presse, von Gesetzes wegen erlaubt sind und dafür auch keine Vergütungen bezahlt werden, können diese nicht als Zuschlag verteilt werden. Künstler*innen mussten bislang diese Veröffentlichungen immer einzeln melden, um an der Privatkopievergütung teilhaben zu können. Das bedeutete für jeden einen großen Aufwand der Recherche und für die Bild-Kunst einen großen Aufwand der Kontrolle.

Die meisten Abbildungen von Kunst in der Presse, sei es in der herkömmlichen oder in der Online-Presse, werden aber im Zusammenhang von Ausstellungen veröffentlicht. Deshalb einigte man sich in den Fachgruppen der Bild-Kunst sowie in der Berufsgruppenversammlung vom 5. Mai 2017 auf die Umstellung des Systems weg von Meldungen von Webseiten, hin zu Meldungen von Ausstellungen.

Dabei muss natürlich berücksichtigt werden, dass Ausstellungen in großen Institutionen eine höhere Kopierwahrscheinlichkeit aufweisen als Ausstellungen in kleinen Häusern. Diesem Umstand wurde Rechnung getragen durch Wertungsfaktoren für die Größe/Bekanntheit der Ausstellungsstätte. Die Spreizung der Faktoren wurde dabei bewusst eng gehalten, um zu vermeiden, dass die großen internationalen Ausstellungen überproportional hohe Tantiemen erhalten.

Die Definition der Ausstellung ist wiederum sehr weit gefasst, damit keine unnötigen Ausgrenzungen geschehen. Auch temporäre Installationen im öffentlichen Raum gelten als Ausstellung. Natürlich führt der Verteilungsplan als Regelfall die klassische Ausstellung an - aber eben nur als Regelfall. Untypische Ausstellungsformen werden nicht ausgeschlossen. Wir gehen davon aus, dass die Definition nicht abschließend ist, sondern Jahr für Jahr an neue Entwicklungen im Kunstbereich angepasst wird.

Durch die Reform wird die Ausschüttung der Privatkopievergütung im Kunstbereich erstmalig auf eine solide, empirisch gestützte Basis gestellt. Man darf nicht vergessen, dass der alte Verteilungsplan 7 seinerzeit als Interimslösung eingeführt wurden war, als das Kopieren von digitalen Quellen gerade aufkam.

Für die Zukunft zeichnen sich schon jetzt neue Möglichkeiten ab. Sollte es gelingen, eine internationale Datenbank von Kunstwerken aufzubauen, dann könnte das Internet kontinuierlich mit entsprechenden Suchalgorithmen "abgegrast" werden. Im Ergebnis wüssten wir dann sehr genau, welche Kunstwerke wie häufig und wie lange im Netz eingestellt sind. Aus diesen Daten ließe sich eventuell ein noch genauerer Verteilungsplan bauen. Ob man aber diesen Schritt gehen will, sollte ausführlich beraten werden.