Außerordentliche Mitgliederversammlung am 17.09.16

Der Verwaltungsrat der Bild-Kunst trat am Donnerstag, dem 25. August 2016, zusammen, um die Konsequenzen aus dem jüngsten Urteil des Bundesgerichtshofs in Sachen „Verlegerbeteiligung“ vom 21. April 2016 zu beraten. Die Bild-Kunst wird ihre Auszahlungen an Verlage und Bildagenturen seit Anfang 2012 zurückfordern müssen. Beratungsgegenstand waren die Konditionen der Rückabwicklung und die Modalitäten der anschließenden Korrekturausschüttung. Die endgültige Entscheidung wird eine außerordentliche Mitgliederversammlung treffen, die für den 17. September 2016 nach Bonn einberufen wurde.

Der Bundesgerichtshof konkretisierte in seiner Entscheidung vom 21. April die Bedingungen, unter denen es Verlagen möglich ist, an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften für gesetzliche Vergütungsansprüche der Urheber beteiligt zu werden. Die beklagte VG Wort administriert ebenso wie die Bild-Kunst zum größten Teil solche Vergütungsansprüche, die ein einzelner Urheber alleine gar nicht geltend machen kann. Betroffen sind aber auch GEMA und VG Musikedition. Man muss wissen, dass Verlage – anders als Filmproduzenten oder Musiklabels – über keine eigenen gesetzlichen Vergütungsansprüche verfügen. Das Gleiche gilt für die von der Bild-Kunst vertretenen Bildagenturen.

Das bisherige System der pauschalen Aufteilung der Einnahmen auf Urheber und Verlage – bei der Bild-Kunst im Verhältnis 70 zu 30 – kann nach dem Urteil nicht aufrecht erhalten werden. Der Bundesgerichtshof spricht den Verwertungsgesellschaften die Kompetenz ab, kollektiv eine solche Entscheidung zu treffen, auch wenn sie ursprünglich sogar zum Schutz der Urheber eingeführt worden war. Es sollte nämlich verhindert werden, dass Verlage die Urheber zwingen, ihnen alle Vergütungsansprüche einzuräumen. Allerdings werden die Urheber heute bereits durch EU-Recht geschützt, wie der BGH jetzt festgestellt hat: Zum Schutz der Urheber gilt ein so genannten „Vorausabtretungsverbot“.

Die Mitgliederversammlung der Bild-Kunst ist nun aufgerufen, die fehlerhaften Bestimmungen des Verteilungsplans korrigieren. Nicht betroffen ist die Verteilung an Filmurheber und Filmproduzenten. Der pauschalen Beteiligung von Verlagen und Bildagenturen kam zuletzt vor allem im Verteilungsplan 5 (Bibliothekstantieme) und 6 (Reprografie-Vergütung) wirtschaftliche Bedeutung zu. Sie wird ersetzt durch eine individuelle Beteiligung auf Nachweis. Eine solche ist nach der Entscheidung des BGH nämlich unter bestimmten Bedingungen erlaubt.

Eine Rückabwicklung vergangener Ausschüttungen ist möglich und erforderlich für den Zeitraum ab 2012. Nach der Mitgliederversammlung am 17. September wird die Bild-Kunst deshalb an ihre Verlage und Bildagenturen herantreten und die seit Jahresbeginn 2012 ausgezahlten Beträge zurückfordern. Dies stellt für viele Verlage und Agenturen eine Härte dar, so dass Fragen der Zahlungserleichterung vom Verwaltungsrat am 25. August ausführlich diskutiert wurden. Derzeit ist geplant, den Rückzahlungsschuldnern zunächst eine Rechnung mit Zahlungsziel vier Wochen auszustellen. Auf Antrag und nach Abgabe einer Verjährungsverzichtserklärung kann mit der Bild-Kunst ein Zahlungsplan vereinbart werden, solange die Rückzahlungsforderung spätestens am 30. April 2017 vollständig beglichen ist.

Gleichzeitig wird Verlagen und Bildagenturen die Möglichkeit eingeräumt, bis zum 30. April 2017 Nachmeldungen vorzunehmen im Hinblick auf die abgetretenen Vergütungsansprüche von Urhebern, die in dem engen vom BGH noch erlaubten Rahmen erfolgt sind. Diese Nachmeldungen würden zu Gutschriften führen, die grundsätzlich nicht mit den Rückzahlungsforderungen verknüpft sind, bei zeitlicher Kohärenz aber dagegen aufgerechnet werden können. Über die Modalitäten der Nachmeldung wird ausführlich informiert werden.

Die Bild-Kunst wird die Beträge, die zurück gezahlt werden, zusammen mit den Beträgen, die sie während des laufenden Verfahrens Vogel ./ VG Wort zurück gestellt hat, im Sommer 2017 in Form einer Korrekturausschüttung an ihre Berechtigten verteilen. Berechtigt sind zum einen alle Urheber, die im Korrekturzeitraum 2011 bis 2014 Ausschüttungen über die Verteilungspläne 5 bis 10 erhalten haben, zum anderen aber auch diejenigen Verlage und Agenturen, deren Nachmeldungen für diesen Zeitraum zu Gutschriften geführt haben. Der Korrekturzeitraum beginnt 2011, weil dieses Geld hauptsächlich im Jahr 2012 ausgeschüttet worden war.

Das wirtschaftliche Ausmaß der Korrekturmaßnahme ist enorm: seit 2012 hatte die Bild-Kunst ca. EUR 26,4 Mio. an Verlage und Agenturen ausgeschüttet. Dazu kommen über EUR 32 Mio. an zweckgebundenen Rückstellungen. Wenn man berücksichtigt, dass die VG Wort als primär vom BGH-Urteil betroffene Gesellschaft ein viel größeres Ausschüttungsvolumen wird korrigieren müssen, wird klar, dass es für viele Verlage um die Existenz geht.

Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz arbeitet an einem Gesetzentwurf, der helfen soll, die derzeitige Situation kurzfristig zu stabilisieren. Die Grundsatzfrage muss aber auf Ebene des EU-Rechts beantwortet werden. Die Schaffung eines einheitlichen Leistungsschutzrechts für alle Verleger trifft in Brüssel auf Skepsis. Man denkt statt dessen über die Schaffung einer Öffnungsklausel nach, die eine Ermöglichung der pauschalen Verlegerbeteiligung wiederum den nationalen Parlamenten überlassen würde. Eine solche Lösung benötigt jedoch Zeit, denn das EU-Gesetzgebungsverfahren ist nicht auf Geschwindigkeit ausgelegt.

Die Vertreter der Urheber im Verwaltungsrat der Bild-Kunst haben deutlich gemacht, dass eine deutsche Debatte über eine „Wiederbeteiligung“ der Verleger an den Vergütungsansprüchen der Urheber nicht isoliert geführt werden kann. Vielmehr sei dieses Thema Teil der Frage, wie die Beziehung zwischen Urheber und Verleger generell gestaltet werden soll. Es könne nicht sein, dass sich die Verlage beim Thema Urhebervertragsrecht kompromisslos zeigen, von den Urhebern im Gegenzug aber Kompromissbereitschaft beim Thema Vergütungsansprüche einfordern. Die Bild-Kunst als Verwertungsgesellschaft von Urhebern und Verlegern bezieht zum Thema Urhebervertragsrecht keine Position.