Update aus Brüssel

Vor einem Jahr hatte die EU-Kommission den Vorschlag für eine neue Richtlinie auf dem Gebiet des Urheberrechts veröffentlicht. In diesem Artikel wollen wir die wichtigsten Forderungen der Bild-Kunst zusammenfassen und einen Ausblick geben auf den Stand des Gesetzgebungsverfahrens.

Die Gesetzgebung auf europäischer Ebene gestaltet sich vielschichtig und stellt einen langwierigen Prozess dar: Ausgangspunkt ist zunächst ein entsprechender Gesetzgebungsentwurf der EU-Kommission, der den Abschluss eines behördlichen Verfahrens darstellt. In diesem Verfahren sammelt die Kommission Lösungsmöglichkeiten für die Problembereiche, meist als Ergebnis einer Konsultation mit den betroffenen Parteien. Eine <link http: www.urheberrecht.org topic eu-urheberrechtsreform _blank external-link-new-window externen link in neuem>Übersicht findet sich auf der Seite des Instituts für Urheber- und Medienrecht.

Der Richtlinienentwurf war von der Kommission im September 2016 veröffentlicht worden. Die Stellungnahme der Bild-Kunst finden Sie <link http: www.bildkunst.de urheberrecht position-zur-geplanten-eu-reform-2016.html _blank external-link-new-window externen link in neuem>hier.

In den letzten Monaten fanden im Wesentlichen die Diskussionen innerhalb der Ausschüsse des Europäischen Parlaments statt. Jeder Ausschuss legt Empfehlungen zur Änderung des Kommissionsentwurfs vor, die beim federführenden Ausschuss zusammenlaufen, bei dem es sich im vorliegenden Fall um den Rechtsausschuss handelt. Dort werden derzeit über 900 Änderungsanträge beraten! Eine Abstimmung soll spätestens am 7. Dezember erfolgen; vielleicht kann dann auch noch vor dem Jahreswechsel das gesamte Plenum über die Änderungsvorschläge abstimmen.

Damit ist das neue Gesetz jedoch noch nicht beschlossen. Es liegt nur ein Parlamentsstandpunkt vor, der mit dem Standpunkt des Europäischen Rates verglichen wird, also mit dem Standpunkt der „Länderkammer“ innerhalb der EU-Institutionen. Bei Abweichungen müsste nun eigentlich die Kommission einen zweiten Gesetzgebungsentwurf erarbeiten, quasi den Kompromissvorschlag, der dann wieder dem Parlament und dem Rat zugehen würde. Um das Verfahren zu beschleunigen setzen sich heute aber meistens alle drei Institutionen – Kommission, Parlament und Rat – zu einem inoffiziellen dreiseitigen Gespräch zusammen („Trilog“), um möglichst auf diesem Weg einen Kompromiss zu erzielen, der dann bereits in erster Lesung vom Parlament verabschiedet werden könnte. Wenn im Falle der geplanten Urheberrechtsrichtlinie alles reibungslos läuft, könnte sie im Sommer 2018 in Kraft treten.

Über all diese Stationen und Hürden müssen die Interessenvertreter das Gesetzgebungspaket begleiten, immer kann etwas „dazwischenkommen“, bei umstrittenen Themen bleiben die Karten bis zuletzt verdeckt. 

Vor diesem Hintergrund listen wir im Folgenden noch einmal die wesentlichen Forderungen der Bild-Kunst an den EU-Gesetzgeber auf:

1. Korrektur der Framing-Rechtsprechung des EuGH
Der EuGH hat in einer Reihe von Urteilen Stellung genommen zur Frage der urheberrechtlichen Relevanz von Hyperlinks. Dabei hat er das erwartete Ergebnis (normale Links sind urheberrechtlich irrelevant) überdehnt und überraschender Weise festgestellt, dass auch das Einbinden fremder Inhalte auf die eigene Website im Regelfall legal ist. Der Grund: die Inhalte sind ja schon über die Original-Webseite allen zugänglich. Die Folge: Urheber können ein Werk nur ein einziges Mal für die Onlinenutzung lizensieren, danach kann sich jeder weitere Nutzer einfach bedienen und damit kostenlos Geld verdienen.

Die Bild-Kunst fordert eine Klarstellung der Definition des Onlinerechts durch den Europäischen Gesetzgeber, die diesen Auswuchs beseitigt. Sachgerecht ist, dass normale Links weiterhin urheberrechtlich irrelevant sind, das Einbinden fremder Inhalte auf die eigene Seite jedoch eine Lizenz erforderlich macht. So war die Rechtslage im Übrigen auch vorher in Deutschland und den meisten anderen Ländern.

2. Unabtretbarer Vergütungsanspruch für Filmurheber
Filmurheber in Deutschland treten ihre Erstrechte im Regelfall allesamt an den Filmproduzenten ab und profitieren damit nicht mehr an der Verwertung der von ihnen mitgeschaffenen Werke. Was ihnen verbleibt, ist ein vertraglicher Anspruch gegenüber ihrem Produzenten, der meistens ebenfalls nicht an der Geldquelle sitzt und nur wenig abgeben kann.

Um die Position der deutschen Filmurheber an diejenige ihrer französischen, italienischen und spanischen Kollegen anzugleichen – dort werden ihre Erstrechte in mehr oder weniger großem Umfang von Verwertungsgesellschaften administriert – fordert die Bild-Kunst gemeinsam mit ihren europäischen Schwestergesellschaften die Einführung eines unverzichtbaren Vergütungsanspruchs für Filmurheber, der ebenfalls durch Verwertungsgesellschaften zu verwalten ist. Dieser Anspruch würde sich nicht gegen die Filmproduzenten richten, sondern gegen die Werknutzer im Onlinebereich, also z.B. gegen die Streaming-Plattformen. Der Anspruch wäre subsidiär gegenüber tarifvertraglichen Regelungen oder Regelungen über gemeinsame Vergütungsregeln.

3. Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
Nach geltendem Recht sind socialmedia Plattformen (facebook, youtube, flickr, tumblr etc.) nicht verantwortlich für die Lizensierung von Werken, die von den Usern hochgeladen werden. Nach einer zwanzig Jahre alten Gesetzgebung sollen sich die Rechteinhaber an diese Privatleute halten, um gegen Urheberechtsverletzungen vorzugehen. Dass die Plattformbetreiber auf diese Weise ihre Angebote mit urheberrechtlich geschützten Werken kostenlos attraktiv machen können, ist ungerecht und sollte geändert werden.

Die Kommission schlägt in ihrem Gesetzgebungsentwurf vor, die Plattformbetreiber zu verpflichten, vom Rechteinhaber gemeldete Inhalte kurzfristig zu entfernen. Eine solche Belastung der Plattformbetreiber reicht den Inhabern großer Repertoires, z.B. den Musikverlagen, aus, um eine Lizensierung durchzusetzen. Den Inhabern kleiner Repertoires, ganz zu schweigen einzelnen Urhebern, wird dies aber nicht gelingen: hier bleibt es dabei, dass diese erhebliche eigene Mühe investieren müssen, um bestenfalls zu erreichen, dass die Werke von der Plattform wieder entfernt werden (nachdem sie einige Zeit kostenlos genutzt worden sind). Kurze Zeit später geht der Spaß von vorne los.

Die Bild-Kunst fordert deshalb für den Bereich Bild und – mit Einschränkungen – für den Bereich Film eine Lösung nach dem Vorbild der Privatkopievergütung: eine Erlaubnis für User, die Werke auf die Plattformen hochzuladen, verknüpft mit einer Vergütungspflicht, die die Plattformbetreiber trifft. Wer profitiert, soll zahlen. Die Logik dahinter: wenn man schon das Hochladen von Bildern und Filmausschnitten nicht verhindern kann, sollen die betroffenen Rechteinhaber zumindest eine Kompensation erhalten.